5. Tag

Heute überraschten wir Rani damit, dass wir doch noch einmal in Richtung Angkor Wat aufbrechen wollten. Unser Ziel: einige der kleineren Tempel innerhalb von Angkor Thom und die bekannte Brücke mit den Dämonenfiguren.
Rani reagierte wie gewohnt gelassen und steuerte den ersten Tempel an. Die genaue Reihenfolge überließen wir ihm – wie immer eine gute Entscheidung.

Baksei Chamkrong

Der Tempel Baksei Chamkrong zählt zu den kleineren, aber architektonisch beeindruckenden Anlagen rund um Angkor Thom. Er befindet sich nahe dem Südtor und ist durch seine markante pyramidenartige Struktur mit vier Terrassen und einem zentralen Turm leicht zu erkennen. Der kompakte Bau wurde ursprünglich unter König Harshavarman I im 10. Jahrhundert begonnen und später unter Rajendravarman II vollendet.

Der Name „Baksei Chamkrong“ bedeutet so viel wie „Der Vogel, der Schutz spendet“. Einer alten Legende zufolge soll sich ein mythischer Vogel über den König gesenkt haben, um ihn vor Gefahr zu bewahren – eine Erzählung, die dem Tempel seinen poetischen Namen verlieh.

Trotz seiner vergleichsweise geringen Größe fasziniert Baksei Chamkrong durch seine gut erhaltene Struktur, seine schöne,  zentrale Lage mitten im Dschungel vor Angkor Thom.

Ich schätze mal, alles was es über den Tempel zu sagen gibt, ist oben schon beschrieben.
Wir haben den Tempel einmal umrundet und konnten dabei beobachten, wie ein wagemutiger Besucher den steilen Aufstieg – beziehungsweise in diesem Fall den deutlich heikleren Abstieg – in Angriff nahm. Ganz ehrlich: Spaß sieht anders aus! Der schmale, steile Treppenaufgang wirkte alles andere als einladend, und so entschieden wir uns ohne Bedauern, den Tempel diesmal nur von außen zu bewundern.

Auf dem Rückweg entdeckten wir einen Baum mit sehr interessanten Früchten/Blüten?

Wie ich jetzt nachlesen konnte, handelte es sich um die Blüte des Kanonenkugelbaums (Couroupita guianensis).

Dieser Baum stammt ursprünglich aus dem tropischen Südamerika, ist aber auch in Süd- und Südostasien weit verbreitet – insbesondere in Tempelgärten, da er dort oft als heilig gilt. Die Blüten sind spektakulär: sie wachsen direkt aus dem Stamm oder dicken Ästen (eine Form des sogenannten „Kauliflorie“), sind groß, auffällig geformt und verbreiten einen intensiven, süßlichen Duft. In vielen Kulturen, etwa in Indien, wird der Baum mit religiöser Symbolik in Verbindung gebracht – in der hinduistischen Mythologie gilt er beispielsweise als heilig für Shiva. Der Name „Kanonenkugelbaum“ rührt von seinen großen, kugelförmigen Früchten her, die bis zu 25 cm groß und sehr schwer werden können – sie sehen aus wie Kanonenkugeln und fallen mit ähnlich beeindruckendem Effekt vom Baum. Ein faszinierendes und fotogenes Gewächs!

Schade, dass es nicht blühte als wir dort waren. Das Foto von der Blüte findet ihr hier (KLICK)

Viele kleine Tempel, wie der

Prasat Bei Temple

säumen den Weg entlang des Siem Reap Flusses.

Nur einen Steinwurf vom Südtor Angkor Thoms entfernt liegt der eher unscheinbare Prasat Bei. Der kleine Ziegeltempel aus dem 9. bis frühen 10. Jahrhundert bestand ursprünglich aus drei Türmen – daher auch der Name, der wörtlich „Drei Türme“ bedeutet. Zwei davon sind heute noch gut zu erkennen. Vermutlich wurde der Tempel einst Shiva geweiht. Obwohl er leicht zu übersehen ist, lohnt sich ein kurzer Stopp – nicht zuletzt, weil man ihn fast immer ganz für sich allein hat.

Auf dem Weg zur Dämonenbrücke entdeckten wir am Ufer des Wassergrabens einen kleinen Anleger mit mehreren kunstvoll gestalteten Drachenbooten. Die bunt verzierten Boote lagen ruhig im Wasser, während ihre Bootsführer entspannt in Hängematten dösten und auf die ersten Gäste des Tages warteten. Eine friedliche Szene, die dem geschäftigen Treiben an den großen Tempeln einen charmanten Kontrast entgegensetzte.

Auch wenn Rani unsere Begeisterung nicht ganz nachvollziehen konnte, war für uns klar: Wir mussten zu Fuß über die Brücke gehen – jenes Bauwerk, das wir schon in zahllosen Reiseberichten bewundert hatten. Natürlich waren wir nicht allein. Zahlreiche Tuk-Tuks und Autos verlangsamten ihre Fahrt, während Touristen über die Brücke flanierten, die gewaltigen Statuen der Götter und Dämonen bestaunten und – wie wir – fleißig fotografierten. Im Hintergrund erhob sich das imposante Südtor von Angkor Thom, das die Szenerie eindrucksvoll abrundete.

Das

Südtor

von Angkor Thom, mit der

Brücke der Dämonen

ein Anziehungspunkt sondersgleichen. Die monumentalen Skulpturen, die den ewigen Kampf zwischen Göttern und Dämonen darstellen, und das mächtige Tor dahinter ziehen Besucher aus aller Welt in ihren Bann.

Die Brücke selbst ist Teil eines alten Dammwegs, der den Wassergraben vor dem Stadttor überquert.

Beidseitig der Brücke stehen je 54 Steinskulpturen – auf der einen Seite Götter (Devas), auf der anderen Dämonen (Asuras). Sie halten gemeinsam den Körper einer riesigen Naga-Schlange. Die Darstellung bezieht sich auf den hinduistischen Mythos vom „Quirlen des Milchozeans“, bei dem Götter und Dämonen zusammenarbeiten, um das Elixier der Unsterblichkeit zu gewinnen.

Viele der Originalköpfe wurden im Laufe der Zeit durch Repliken ersetzt oder restauriert, dennoch vermittelt die Anlage einen sehr eindrucksvollen Eindruck der religiösen Symbolik und künstlerischen Gestaltung dieser Epoche.

 

 

Die Buchung einer Gondeltour zum Sonnenuntergang hatten wir für diese Reise leider verpasst – schade!

Ein kleiner Trost war dennoch in Sicht: Ich entdeckte am Wegesrand eine Herde Wasserbüffel, die zwischen den Bäumen nach Futter suchte – auch wenn der Boden kaum Gras bot. Es war die einzige Wasserbüffelherde, die wir auf dieser Reise zu Gesicht bekamen. Wie gut, dass ich diese Gelegenheit genutzt habe.

Anschließend wechselten wir die Straßenseite und nahmen die dortigen Tempel unter die Lupe.

South Khleang –

stiller Zeuge königlicher Vergangenheit

Nur einen kurzen Spaziergang von der Dämonenbrücke entfernt liegt der South Khleang – ein eher schlichter, aber geschichtsträchtiger Tempelbau. Trotz seiner unauffälligen Erscheinung zählt er zu den älteren Gebäuden innerhalb Angkor Thoms. Vermutlich diente er zeremoniellen Zwecken oder als Unterkunft für hochrangige Gäste des Königs.

 

Die Anzahl der Tempel in Angkor Thom ist unglaublich.

Obwohl der nächste Tempel nicht weit war, fuhr Rani uns zum Eingang des

Baphuon Tempel

Auf dem Weg dorthin entdeckten wir einen Hochzeitsfotografen bei der Arbeit. Das Brautpaar posierte in traditioneller Kleidung – ein ungewöhnlicher Anblick für uns. Wir hielten kurz inne und machten ein Foto. Hoffentlich nehmen sie uns diese kleine Indiskretion nicht übel.

Obwohl der Tempel imposant war, wollte der Funke bei uns nicht überspringen. Vielleicht lag es am Wetter – der Himmel war mittlerweile komplett zugezogen, und schwere graue Wolken hingen über der Anlage. Außerdem war nur das Plateau zugänglich. Bei Sonnenschein ist der Ausblick von dort sicher beeindruckend, aber bei der drückenden Schwüle verspürten wir wenig Lust auf den Aufstieg.

Also ließen wir den Tempel links liegen und setzten unseren Weg durch Angkor Thom fort.

Dabei passierten wir zwangsläufig den kleinen

Phimeanakas-Tempel

Phimeanakas, was so viel wie „himmlischer Palast“ bedeutet, ist ein hinduistischer Tempel in Form einer dreistufigen Pyramide. Er wurde im 10. oder frühen 11. Jahrhundert unter König Rajendravarman II. begonnen und unter Suryavarman I. vollendet. Der Tempel war Teil des königlichen Palastbezirks und diente vermutlich zeremoniellen Zwecken.

Einer alten Legende zufolge soll sich auf der Spitze des Tempels ein goldener Turm befunden haben, in dem der König jede Nacht mit einer Naga (Schlangengöttin) zusammenkam, um das Wohl des Königreichs zu sichern.

Viel mehr als der Tempel interessierten uns die schön drapierten Opfergaben.

Vom Phimeanakas-Tempel führte unser Weg weiter durch den weitläufigen Königspalastbereich in Richtung

Elefanten-Terrasse.

Der Pfad schlängelte sich durch ein schattiges Waldstück, in dem noch vereinzelte Mauerreste und Plattformen vom einstigen Ausmaß der königlichen Anlage zeugen. Unterwegs begegneten wir nur wenigen anderen Besuchern – eine willkommene Verschnaufpause vom sonstigen Trubel. Schließlich öffnete sich der Weg und gab den Blick auf die Elefanten-Terrasse frei, die sich über eine Länge von rund 300 Metern entlang des ehemaligen Königspalastes erstreckt. Aber wo waren die Elefanten. Auf der Terrasse, die mehr einem kleinen Plateau gleicht, waren sie nicht.

Um die kunstvoll in Stein gehauenen Elefantenfiguren und Reliefs zu sehen, muss man die Terrasse über eine Treppe verlassen, denn diese befinden sich an der Längsseite der Terrasse.

Während wir an der kunstvoll gestalteten Elefanten-Terrasse entlangliefen, hatten wir die

Terrasse des Lepra-Königs

völlig aus dem Blick verloren. Umso überraschter waren wir, als wir in einem etwas versteckt gelegenen Bereich plötzlich in einen schmalen Gang gelangten – flankiert von dicht an dicht stehenden, kunstvoll gearbeiteten Reliefs.

Die Steinwände auf beiden Seiten zeigen eine Vielzahl von mythologischen Figuren, darunter Götter, Dämonen, Apsaras und Nagas, die detailreich und in mehreren Ebenen übereinander dargestellt sind. Die Tiefe und der Erhaltungszustand vieler Figuren sind beeindruckend – besonders wenn man bedenkt, dass diese Verzierungen über 700 Jahre alt sind.

Der Name der Terrasse geht vermutlich auf eine verwitterte Statue zurück, die auf der oberen Plattform stand und irrtümlich für einen an Lepra erkrankten König gehalten wurde. Tatsächlich könnte sie jedoch Yama, den hinduistischen Totengott, darstellen. Bis heute ist die genaue Bedeutung der Reliefs und der Ursprung des Namens nicht vollständig geklärt.

Diese Fotos zeigen nur eine kleine Auswahl der zur Schau gestellten Reliefs in den engen Gängen dieser Terrasse. Ich finde es immer noch unglaublich, dass diese Reliefs so gut erhalten sind und in keinem Fernsehbericht über die Tempelanlage je erwähnt wurde, aber da geht es ja sowieso meist nur um Angkor Wat. Wie schade!

Am Fuße der Elefanten-Terrasse sammelte Rani uns wieder ein und fuhr mit uns in den Restaurantbezirk in Angkor Thom. Hier reiht sich ein Freiluft-Restaurant ans nächste. Rani hatte wieder gut für uns gesorgt. Essen und Getränke waren auch diesmal  sehr lecker und günstig. Hier herrschte eine sehr schöne gechillte Atmosphäre und im Anschluss konnten wir sogar an den Ständen noch frisches Obst für unsere morgige Reise organisieren.

Nach unserer Mittagspause brachte uns Rani zurück nach Siem Reap, wo zwei sehr unterschiedliche, aber nicht minder eindrucksvolle Orte auf uns warteten: der

Wat Porthi Vong und das „Memory of Killing Fields“.

Der Wat Porthi Vong ist ein ruhiger, wenig besuchter Tempel, der sich etwas abseits der touristischen Routen befindet. Seine farbenfrohen Wandmalereien und die reich verzierten Stupas erzählen Geschichten aus dem Leben Buddhas. Die Atmosphäre war angenehm still – ein starker Kontrast zu den belebten Tempeln von Angkor.

Unweit davon liegt das „Memory of Killing Fields“, eine kleine, aber eindrucksvolle Gedenkstätte, die an die Gräueltaten der Roten Khmer erinnert. Die Ausstellung besteht aus Bildern, Texttafeln und einem Gedenkturm mit Totenschädeln – stille Zeugen eines der dunkelsten Kapitel der kambodschanischen Geschichte. Der Ort lädt zum Innehalten ein und erinnert eindrücklich daran, wie wichtig Erinnerung und Aufarbeitung für die Zukunft sind.

Nach dem eindrucksvollen Besuch der Gedenkstätte brachte uns Rani zurück ins Hotel. Dort ließen wir den Nachmittag zunächst entspannt am Pool ausklingen, bevor wir uns ans Packen machten – schließlich neigte sich unsere Zeit in Siem Reap dem Ende zu.

Am Abend machten wir uns noch einmal zu Fuß auf den Weg und erkundeten die umliegenden Straßen auf der Suche nach einem passenden Restaurant. Dabei stießen wir eher zufällig auf ein kleines, charmantes Lokal – ein echtes Juwel, das mit seiner gemütlichen Atmosphäre und köstlichem Essen den perfekten Abschluss für diesen ereignisreichen Tag bot.

Wow, was für ein toller Abschluss dieser unvergleichlichen Tage in Siem Reap.